Glaubensfrage zu Gunsten der Natur entschieden

Bundestagsbeschluss zum „sanften“ Donau-Ausbau beendet vorläufig jahrzehntelange Diskussionen

 

Von Ulf Vogler

 

Straubing/Berlin (lb) Mit der Bundestagsentscheidung vom Freitag ist bei den jahrzehntelangen Diskussionen um den Donau-Ausbau in Niederbayern ein Schlusspunkt gesetzt worden vorläufig jedenfalls. 36 Jahre nachdem der Ausbau des großen europäischen Stroms beschlossen wurde, hat sich das Parlament in Berlin erstmals auf eine Ausbauform festgelegt. Die von Umweltschützern heftig  bekämpften Staustufen hat die rotgrüne Mehrheit im Bundestag gegen den Willen der CSU-geführten bayerischen Staatsregierung vom Tisch gefegt. Im nun kommenden Planungsverfahren soll nur ein Ausbau mit einfachen flussbaulichen Mitteln vorbereitet werden. Der "sanfte" Ausbau wird voraussichtlich mindestens 422 Millionen Euro kosten.

Bei dem 69 Kilometer langen Donaustück zwischen Straubing und Vilshofen bei Passau handelt sich um eine Naturlandschaft von internationalem Rang. Das bezweifeln selbst die Befürworter von Stauwehren nicht. Seltene Tiere und Pflanzen leben dort im Wasser, und auch die Flussauen sind außergewöhnlich artenreich. Gleichzeitig behindert immer wieder Niedrigwasser die Binnenschifffahrt. Zeitweise müssen die Kapitäne in Regensburg oder Passau einen unfreiwilligen Zwischenstopp einlegen. Manche entladen teilweise ihre Fracht, um mit geringerem Tiefgang das "Nadelöhr" zu passieren.

Der Donau-Ausbau wurde seit der Fertigstellung des Main-Donau-Kanals vor zehn Jahren immer lauter gefordert. Denn die niederbayerische Donau ist nach Auffassung der Kapitäne das  größte Hindernis auf der  quer durch Europa verlaufenden Route zwischen Nordsee und Schwarzem Meer. Grundsätzlich wird auch von Naturschützern die Notwendigkeit eines Ausbaus nicht angezweifelt, nur das Wie" wurde zum Streitpunkt. Der geplante Donau-Ausbau ist längst zu einer Glaubensfrage geworden, in der es darum geht, der  wirtschaftliche Interessen vor der Bewahrung der Natur stehen - oder umgekehrt. Klar ist, dass bei dem jetzt beschlossenen einfachen Ausbau ohne Wehranlagen nicht dieselbe Fahrrinnentiefe erreicht wird wie bei einer Kanalisierung des  Flusses. Die derzeit durchschnittlich auf der Strecke erreichten zwei Meter werden nach Gutachten nur um etwa 20 Zentimeter verbessert. Die Binnenschiffer müssten also weiterhin mit Beeinträchtigungen leben. Hingegen könnte mit Staustufen die Fahrrinne bis zu drei Meter tief sein.

Offen ist noch, ob nach einem eventuellen Regierungswechsel in Berlin der Streit um die Donau  neu entbrennen würde. Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) erklärte bereits, dass - die Bundestagsentscheidung  "rechtlich nicht haltbar und sachlich falsch" sei. Sollte ein  Kanzler Edmund Stoiber allerdings die Staustufenpläne wieder aus der Schublade holen, muss er die - bisher völlig ungeklärte - Frage der Finanzierbarkeit beantworten: Staustufen  würden nach derzeitigen Berechnungen bis zu 782 Millionen Euro kosten. Zudem drohen Klagen von Umweltverbänden.

 

Donaukurier 8./9.Juni 2002

 

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